Tag 14: Die Miss-Bildung Südafrikas
18. Juni 2010
Wir sind inzwischen in Port Elizabeth angekommen, über 700 Kilometer östlich von Kapstadt. Genauer gesagt: im Township Walmer. Und noch genauer: bei Masifunde, einem deutschen Verein, der Kindern aus dem Township dabei hilft, in der Schule gut voranzukommen. Wenn es in Deutschland heißt, Bildung sei der Schlüssel zu einem erfolgreichen und erfüllten Leben, klingt das nach Sonntagsrede. In Südafrika ist Bildung bzw. Miss-Bildung dagegen ein alltägliches Problem, an nichts mangelt es diesem Land so sehr wie an einer ordentlichen Schulbildung für die schwarze Bevölkerung. Die Mitarbeiter von Masifunde versuchen, diesen Mangel auszugleichen, so gut sie können; unter anderem Jakob und Sören, zwei Studenten aus Deutschland, die beide für ein Jahr nach Südafrika kamen. Sie haben unseren Blog gelesen und uns in ihr kleines Häuschen mitten im Township eingeladen, darin haben wir jetzt unser Lager aufgeschlagen. Das Haus nebenan, kaum größer als unseres, beherbergt eine Kirche, aus der zu unserer Ankunft die Lieder des Kirchenchors herüber wehten, nachts bellen die Hunde aus der Nachbarschaft. Und über allem liegt das orangefarbene Licht der townshiptypischen Straßenlaternen. Welcome to Walmer.
Der Schlüssel für ein erfolgreiches Leben ist eine vernünftige Schulbildung – für viele Kinder in Südafrika bedeutet das im Umkehrschluss, dass sie auf ihrem Weg früher oder später vor den verschlossenen Türen der wohlhabenden Schichten dieser Gesellschaft stehen werden. Oder sie werden nur eingelassen, um das Haus zu putzen, und danach wieder nach Hause geschickt. In den Townships sind die Zustände oft katastrophal: Klassen mit 60 Schülern sind genauso wenig eine Seltenheit wie Lehrer, die wegen des miserablen Gehalts, das sie beziehen, keine Lust haben zu unterrichten. Damit reproduziert sich ein krankes System immer wieder selbst: Die Kinder gehen ohne vernünftigen Abschluss von der Schule und tun sich anschließend schwer, in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Dadurch fehlt ihnen dann das Geld, ihren Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen.
Es ist der Fußball, der vielen eine Perspektive gibt, die die Schule ihnen versagt. Und das gilt beileibe nicht nur für die Jungs. Noch in Kapstadt haben wir ein Mädchen kennengelernt, dem dieser Sport zum Lebensinhalt geworden ist. Ihr Name: Fjukasi Matua. Sie gehörte zu der Mannschaft, die das Mädchenturnier auf dem Powerchild-Campus gewann, von dem wir hier schon einmal erzählt haben. Die Entscheidung fiel, wie es sich zu Zeiten der Weltmeisterschaft gehört, erst im Elfmeterschießen. Nach dem Ende des Turniers kam sie auf uns zu und fragte, ob wir nicht ein Interview mit ihr führen könnten. Konnten wir.
“Ich heiße Fjukasi Matua, ich bin 15 Jahre alt. Der Name meiner Mannschaft ist Ikamwa, ich komme aus Nyanga. Das letzte Spiel war hart, wir haben im Elfmeterschießen gewonnen. Ich habe mit dem Fußballspielen in der Primary School angefangen. Wir haben nur zum Spaß gespielt, doch dann habe ich erkannt, dass ich Talent zum Fußballspielen habe. Also bin ich in die Schulmannschaft gegangen. Ich liebe Fußball, es ist ein toller Sport. Aber wenn man die Jungs sieht – JUNGS… Die glauben, dass Mädchen nicht Fußball spielen können. Aber wir haben ihnen gezeigt, dass wir es drauf haben.”
Sie habe, erzählte sie zum Schluss, vom Fußball Disziplin gelernt und die Fähigkeit, mit anderen zu kommunizieren. Ihr Ziel ist es, eines Tages Fußballprofi zu werden. Als wir ihr zum Abschied sagten, dass sie immerhin im Geben von Interviews schon sehr professionell sei, winkte sie ab und sagte: „Ach, das war ja auch schon mein zweites.“
[...] (O-Ton Frey&Schächtele). Sie sind in den Townships unterwegs und portraitieren z.B. junge Frauen, für die der Fußball die einzige Möglichkeit ist, eine Perspektive im Leben [...]
[...] ihrem ersten Blog-Eintrag aus Walmer Township setzen sich die Schächtele und Frey übrigens mit der Bildungssituation in Südafrika [...]